So nun noch einmal ausgiebig zum Punkt 2 der Liste „Great Expectations“: unsere türkischen Freunde!
Nach einigem hin- und hergechatte via messenger, senden wir Mert schließlich unseren Standort, als wir Malkara erreichen, seine knappe Antwort: „stay where you are, i‘m coming“. So wars dann auch und wir fahren seinem klapprigen Fiat Kastenwagen (doch kein Kapitalist) hinterher auf den Hof vor einem Mehrfamilienhaus. Wir werden von Merts Frau mit Kaffee begrüßt, sie ist im siebten Monat schwanger und erwartet ein Mädchen. Er erzählt uns, dass sein Bruder schon zwei Mädchen hat und er sich unbedingt einen Jungen wünscht – zum Glück versteht seine Frau kein Englisch…(hoffen wir).
Und dann gehts los: Merts Plan, der sich im Laufe des Abends noch mehrmals ändern bzw. erweitern sollte, aber das kriegen wir alles nicht so mit. Wir werden in ein Auto verfrachtet, in dem Ali der zweite der vier Freunde schon sitzt – er ist ja im Rollstuhl, daher kam er nicht in die Wohnung, Autofahren aber geht gut – top! Wir fahren aufs Land, treffen unterwegs unter anderem Merts Mama, jedesmal wird mitten auf der Straße angehalten und geplaudert. Merts Mama will uns aber drücken, als ob wir verlorene Angehörige seien. Dann stehen wir vor der Butchery von unserem Freund Nummer drei, von Uigar. Hier sehe ich mein erstes Atatürk-Bild in einem Shop, tausend weitere werden folgen. In der sehr kleinen, sehr sauberen Metzgerei kauft Harald schon mal lamb-chops und es werden Fotos gemacht.
Uygar begleitet uns nicht, weil seine Frau heute Geburtstag hat (sie bekommt eine Halskette von ihm geschenkt und er strahlt als er uns das erzählt).
Als nächstes gehts zurück nach Malkara ins Restaurant, diesmal fährt Yasim das Auto von Ali und wir sitzen im Ford, weil Merts Frau jetzt mit von der Partie ist. Das Abendessen verläuft „normal“ – lecker Essen (lamb-chops!!) ein paar Raki, Harald hält sich an Bier. Auch hier werden wir wieder als Fotomodells missbraucht. Dann hat Mert eine Idee „a SURPRISE“. Ich versichere mich via iTranslate bei Merts Frau, dass uns das nicht ängstigen muss und dass sie bitte bei uns bleibt…. Wir sitzen wieder im Auto – nächster Halt – ein Mann mit Klampfe (oder wie auch immer man das Instrument nennt) steigt ein – nächster Halt – Mert springt raus und kommt mit einem Heizlüfter wieder – nächster Halt – Mert springt raus und kommt mit einer Torte wieder – nächster Halt – wir kaufen Bier.
Wenig später stehen wir vor bzw. in Merts Käsedessert- und Ayranfabrik. Nach einem kurzen Rundgang (inklusive Posing vor dem obligatorischen Atatürk-Bild) wird der Heizlüfter angeworfen, das Bier aufgemacht und der Musiker fängt an zu spielen.
Was dann so passiert ist für unsere europäischen Augen und Ohren schwer zu verkraften. Die Männer kriegen feuchte Augen, schwingen erst die Arme und dann ihren ganzen Körper wild zur Musik – diese wird immer lauter und (für unsere Ohren) immer schräger. Nach und nach trudeln weitere Gäste ein: Uigar und seine Frau, die dann auch ein Geburtstagsständchen und die Torte bekommt, zwei türkische Mädels, die im Ausland studieren/arbeiten (Rostock, Dublin, New Hampshire…?), mit einem weiteren Cousin von Mert. Es wird gesungen, getanzt, gequatscht, getrunken bis spät in die Nacht. Letzte Station ist dann gegen 03:00h Karlchen da sind wir zum Glück nur noch zu fünft – mehr passen einfach auch nicht rein. Wenigsten muss man dort nicht mehr gegen schrecklich und schrecklich laute Musik anschreien, um sich zu unterhalten.
Dieses letzte nette Sit-In findet ein natürliches Ende, weil das Mädel, das in Rostock lebt und arbeitet dringend aufs TOI muss, und man das dann doch nicht wirklich unter Zeugen im Karlchen verrichten kann. Gottseidank – Feierabend. Bett. Zwei bis drei Hunde versuchen uns in den Schlaf zu bellen, aber an viel Schlaf ist eh nicht zu denken. Wir werden uns wohl die nächsten Tage ausruhen müssen von diesem denkwürdigen Abend.
Weihnachten 2019
Von Griechenland im Süden, da flog ich her,
ich muß euch sagen, dort weihnachtet es nicht sehr.
Denn nirgends auf den Bergesspitzen
sah ich Kerzen und Lichtlein blitzen.
Doch droben aus dem Himmelstor
kamen Millionen Sterne hervor.
Und als ich so wanderte über`n sonnigen Strand
kamen auch keine Kinder angerannt.
In den Wellen rollt noch ein letzter Ball
über eine Schaufel kam ich zu Fall.
Wo soll ich jetzt die Kinder suchen,
warten die hier nicht auf Pfefferkuchen?
Und Geschenke zuhauf, die ich schwer schlepp.
Ich glaub, ich mach mich hier voll zum Depp.
So wate ich barfuß im warmen Sand,
geh erstmal schwimmen am leeren Strand,
die Schneestiefel drücken mir die Füße platt,
Bei 20° im Mantel hab ich`s echt satt.
Acht Katzen schnurren mich bettelnd an,
na wenigstens die sind mir zugetan.
So bind ich den Sack auf und gucke indessen,
ja wirklich! Drin ist alles für Tiere zum Fressen.
Die Engel, der Ruprecht und Nikolaus
wußten Bescheid, was man hier braucht.
Nur ich wurde nicht richtig eingeweiht
und schnell losgeschickt, auf Reise weit.
Hätt ich die Europa-Karte richtig studiert
dann wäre mir das wohl nicht passiert.
Doch auch in Griechenland weihnachtet es nun,
am Strand bei den Tieren gibt`s viel zu tun.
Nächstes Jahr trag ich kurze Hosen auf der Reis`
und hoff, ich lande nicht am Nord-Polarkreis.
Euch Lieben in Nah und Fern wünsch ich sehr,
mein Bruder, der echte Ruprecht bringt etwas mehr.
Nicht bloß Äpfel, Nuß und Mandelkern,
ich weiß, ihr habt noch andere Dinge gern.
Fröhliche Weihnachten wünscht Euch Allen
Eure Karin