Eine Regenfront hat uns voll im Griff, im Gegensatz zu den letzten Monaten gibt’s kein Entkommen. Auf dem Weg nach Süden lassen wir Dubrovnik links (nein, eigentlich rechts) liegen („schön, aber spätestens seit Game of Thrones-Dreharbeiten extrem überteuert“, wie man uns sagt) und machen Zwischenstation in Bar, einer „modernen“, sprich „gesichtslosen“ Hafenstadt mit (verlassener) Strandpromenade und mit einer (schönen) Marina mit Fähranschluss nach Bari. In der Marina dürfen wir stehen (Parkwächter: „10 Euro, wenn ihr mir morgen sagt, ihr hättet das Parkticket verloren.“) und auf Nachfrage dürfen wir auch die Sanitäranlagen der Marina nutzen. Solche Badeorte wirken im November und bei Regen ziemlich deprimierend, obwohl wir am Abend überraschend noch einen schönen Sonnenuntergang genießen dürfen. Wir sind auch sportlich nicht ausgelastet, es ist schon ein paar Tage her, dass wir auf dem Rad gesessen haben. Das schlägt ein bisschen auf die Stimmung. Kurzzeitig überlegen wir tatsächlich die Fähre nach Italien zu nehmen, die am Mittwoch 21.00 Uhr ablegen würde, entscheiden uns aber zur Weiterfahrt nach Albanien.
Von Montenegro geht’s auf kleiner Straße in Richtung Grenze. Gwenda fährt sehr souverän, während ich als Beifahrer immer etwas zu angespannt bin. Die Geschwindigkeitsbegrenzung wechselt zwischen 40 und 60 km/h, richtig voran kommen wir nicht, auch in Albanien geht’s anfangs eher gemächlich voran. (Gwenda: vor Grenzen wird man ja immer etwas nervös, aber inzwischen sind das echte Highlights: immer anders, immer spannend, bisher immer mit gutem Ende).
Irgendwann wird die Straße aber dann doch breiter und wir fahren sogar ein Stück albanische „Autobahn“ (Gwenda: das ist schon ne richtige Autobahn nur stehen hier Menschen und manchmal Menschen mit Eseln am Straßenrad, Radfahrer kommen entgegen und der Bus hält an, auf dem Beschleunigungsstreifen ist eine Verkehrsberuhigung = Poller, der fast unsere Dämpfung zerschmettert).
Unser erstes Ziel ist der Badeort Dürres (oder so), die sogenannte „Badewanne“ Tiranas an der Adria. Leider finden wir eine Betonwüste aus zehn- und mehrstöckigen Bettenburgen. Wie es scheint, haben die Albaner nach Ende der sozialistischen Diktatur die schönsten Städte ihrer Küste ruiniert – wir fühlen uns an El Arenal, Portugal (Algarve) bzw. Belgien (de Panne) erinnert.
Wir finden ein nettes Café mit W-LAN und Trailforks weist uns auf ein paar Tracks in Berat etwas im Landesinnern von Albanien hin. „Zweifelsohne eine der schönsten Städte Albaniens. 2008 wurde die Altstadt von Berat in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen“, erfahren wir von Dr. Google. Die Temperaturen stimmen auch (18 Grad) und bei Regen ist man in einer schönen mit 40.000 Einwohnern nicht so großen (und nicht zu kleinen) Stadt doch gut aufgehoben, denken wir uns.
Die richtige Entscheidung, wie sich herausstellt. Wir landen nach insgesamt doch langer Fahrt (180 km/4 Stunden!) schlussendlich im „Riverside Camping“. Wieder mal eine gute Wahl; vor vier Monaten eröffnet, beste Sanitäranlagen, nette Wirtin und ein rund-um-die-Uhr Aufpasser. Den Obstteller zur Begrüßung und weitere Gastgeschenke (Raki, Brot, „welches keines ist“) bekommen wir auch noch + nette Unterhaltungen, da wir in den ersten beiden Nächten die einzigen Gäste sind.
Bei einer der Unterhaltungen versuchen wir herauszufinden, warum in Gottes Namen hunderte (wirklich, kein Scherz) von Tankstellen die Straßen säumen, das Benzin hier so teuer ist wie in Deutschland und zu 75% -zugegeben oft nicht mehr ganz taufrische – Mercedes-Modelle gefahren werden…. (Was meint ihr?).
Nach unserem ersten Regentag (Traditional Albanian Food unter Missachtung jeglicher deutscher Hygienevorschriften zubereitet; sehr lecker, ehrlich) haben wir Zeit über die Gründe der extremen Mercedes-Dichte, Menge an Autoreparaturwerkstätten (gerne auch: Autowaschanlagen) und Tankstellen-Häufung zu philosophieren (sehr förderlich die Preise: Mixed Grill für 2 Personen: 8 Euro; Bier o,5: 80 Cent; Wein o,2 50 Cent). Unsere Erklärungen für die Vielzahl an Tankstellen (Geldwaschanlagen für Drogengelder, alternativ: der Sprit ist so teuer hier, dass sich die Albaner nur die Tankfüllung bis zur nächsten Gelegenheit leisten können = 200 m) wird von Campbesitzerin Bona („Mein Name wie die deutsche Stadt….“ (Aha..?)) revidiert: „Wenn in Albanien jemand eine Geschäftsidee hat, wird es sofort kopiert – meist schlecht.“ Viel Glück, Bona, im nächsten Jahr gibt es mindestens drei weitere Campsites in Berat. „Better Berat Camping“ „ First Class Camping Gjermania“, „Camping Jürgen“ … Wo wir bei der Liebe der Albaner zu den Deutschen im Allgemeinen – auf der Fahrt durch Dürres sehen wir z.B. einen Stadtbus mit „Betriebsfahrt“ in der Zielanzeige – speziell aber zu den deutschen Autos aus Stuttgart angekommen sind. Bon(n)a hat keine Erklärung (aber einen Mercedes), Dr. Google liefert uns die Antwort in dem (super lustig geschriebenen) FAZ-Artikel: „Sieg der Sterne“: https://www.faz.net/aktuell/stil/drinnen-draussen/das-beliebteste-auto-in-albanien-mercedes-15204090.html (Gwenda: unbedingt lesen!)